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Gutes Wetter, schlechtes Wetter und was man dabei so erlebt... Drucken E-Mail
Geschrieben von: Uli Beyer   

Ich hatte eine lange Nacht hinter mir. Bei Bertus und Moniek Rozemeijer war es doch viel später geworden, als eigentlich geplant. Nach einem typisch holländischen Frühstück ging es ab in die Bodden. Wenn möglich, wollte ich möglichst heute (Sonntag der 13.) noch einen ersten Hecht nach der Boddenschonzeit überlisten…

Gegen 17 Uhr kam ich auf Rügen an und wässerte gleich mein Boot. Die Sonne schien und es war angenehm warm. Das Boddenwasser war schon ziemlich algig-grün und hatte eine gesunde Naturtrübung. Wie lange war ich nicht mehr allein angeln? Eine Ewigkeit muss das her gewesen sein und ich genoss den kurzen Moment, wenn auch der Erfolg mehr als dürftig war. Es blieb zwar nur kurze Zeit zum Angeln (ich schätze, es waren 1,5 – 2 Stunden), aber erschrocken war ich schon, dass das Beißverhalten alles andere als gut war. Eine „Luftpumpe“ war das Traumergebnis dieses ersten Angelexperiments. Die vielen Hornhechtattacken möchte ich an dieser Stelle natürlich nicht verschweigen, aber auch nicht mitzählen…

Abends trafen wir uns dann mit der Guidinggruppe. Alle waren schon sehr gespannt und im Vorfeld waren wir uns ja sicher, dass der Mai einer der besten Monate überhaupt werden sollte. Für mich war es die erste Tour so sehr früh nach der Schonzeit, zumal bis vor 2 Jahren die Schonzeit dort viel länger dauerte. Da ich als Angelverrückter immer länger ausfuhr, wurde schon im Vorfeld diskutiert, wer denn mit mir fahren „dürfe“. Meine Beteuerungen, dass die anderen Guides doch zur Zeit wesentlich mehr Erfahrung hätten und ich für den Start wahrscheinlich der schlechteste Guide sein werde, stießen auf wenig Gehör.

Thomas, Marius und Bernd „durften“ als erste mit mir fahren und es wurde ein unerwartet „ruhiger“ Angeltag. Zwar blies eine ordentliche Briese bei sonst angenehmem Wetter, aber die Hechte hielten sich doch sehr zurück. Zwar brachten wir es auf insgesamt 16 Hechte, aber über die recht lange Angelzeit hatten wir doch etwas mehr Frequenz erwartet. Thomas hatte ein gutes Händchen und angelte sich schnell 5 Hechte zusammen – mit unterschiedlichsten Ködern an verschiedenen Stellen. Von Andy hörten wir, dass er recht gut gefangen hatte, wenn auch keinen Meterfisch. Die Strategie war eine andere und sie hatten sehr viel im Flachwasser gefischt. Wir waren „tief“ geblieben…

Der 2. Tag wurde superzäh. Nachdem wir am ersten Tag ausgeschlafen hatten und „erst“ um 7.30 Uhr am Hafen das Treffen vereinbart hatten, wollten wir heute bereits um 4.30 Uhr starten! Das Wetter war noch schöner, der Wind war schwach. Ententeich beim Hechtangeln ist meistens Höchststrafe! Die Fische bissen offensichtlich früh, denn gleich fing ich den ersten Hecht und die Kollegen konnten auch einige überlisten. Gegen 7.30 rappelte es bei Robert ordentlich in der Rute. Auf einen grün – weißen Bass Assassin stieg endlich die ersehnte Oma ein. Sie schraubte sich 2 mal ordentlich aus dem Wasser heraus und wir wussten, dass wir es mit einer sehr stattlichen Dame zu tun hatten. Weil sie sehr wehrhaft war, brauchte ich auch 3 Anläufe, um sie dann endlich mit der Hand zu landen. Tolles Tier: 116 Zentimenter! Für Robert war es der PB – Personal Best und der Tag war gelaufen. Dennoch angelten wir uns auch an diesem Tag „nur“10 Hechte zusammen. Die erwartete sehr gute Abendbeißzeit blieb aus. Wir hatten sowohl die Stellen, als auch die Wassertiefen gewechselt und äußerst dürftig gefangen! Bei den anderen Jungs war es besser gelaufen. Die Flachwasserstrategie schien deutlich mehr Fische zu bringen, wenn auch erstaunliche Erkenntnisse dort gemacht wurden. Für uns alle unglaublich war die Schilderung, dass gleich zweimal beim Durchqueren des Flachwassers eine Hechtoma (geschätzt 1,20-1,30m)!!!) im vollen Flirt mit 3-4 kleineren Hechten um die 80 cm gesichtet wurde. Wir wahren völlig verunsichert und hatten zumindest eine plausible Erklärung dafür, dass die Großhechte doch noch spürbar fehlten. Bei Andy, der sich gegen Abend zu uns ins Tiefenwasser gesellte, ging zumindest ein geschätzt 1,05 Meter großer Hecht verloren.

Der 3. Tag sollte wieder unter dem großen Zeichen „Suchen“ stehen, denn das, was sich bisher tat, war außerordentlich mies und dieser Tag begann noch „weniger-versprechender“. Alle mir bekannten Hotspots fuhren wir ab: Nichts, nichts und nichts! Es strömte kühles Seewasser in die Bodden ein und ich vermutete, dass die Damen diese „kalte Dusche“ nicht mochten… Ein Telefonat mit den Kollegen bestätigte: „Bei uns läuft es auch katastrophal schlecht!“ Langsam aber sicher zog Bewölkung auf und der schwache Wind wurde stärker. Gegen 12.10 Uhr konnte ich den Kollegen unseren ersten Hecht vermelden. Andy hatte 3 und Thorsten 1 Hecht im Boot. Katastrope! Noch schlimmer war: Heute zeigte der Anglers Edge Super-Werte an und ich hatte das natürlich auch optimistisch verkündet. Die Sticheleien im Boot könnt Ihr Euch ja vorstellen! „Was zeigte Dein Lügendetektor noch an?“ „Muss wohl am Guide und den schlechten Anglern liegen!“ Ich hatte nichts zu erwidern…

Wer hätte ein so schwaches Beißen im Mai erwartet??? Am frühen Nachmittag begaben wir uns dann in ein Gebiet mit wechselnden Tiefen von 2,5 – 0,8 Metern. Es war ein wunderbarer „Leopardengrund“ und jeder Mefoangler wäre in Verzückung geraten. Auch wir taten es, denn wenig verwöhnt erlebten wir dort einen Doppelfang und den Nachläufer einer ordentlichen Hechtoma, die aber leider nicht zupackte! Thorsten, der nicht weit von uns entfernt war, wurde gleich alarmiert und er kam kurze Zeit später dazu. Da hatten wir schon einige Hechte „dazu gelegt“. „Hier haben wir im Herbst schon mal richtig gut gefangen, aber heute kriege ich nichts. Ich habe die falschen Köder dabei!“ schien er die Stelle und die gängigen Köder offensichtlich zu kennen. Wir räumten auf Slider von Salmo (mttlere Größe bevorzugt) so richtig ab. In Tiefen von 2-1 Meter fing der Slider als Sinker, und im noch flacheren Wasser war es der Floater. Wir hatten die Hechte gefunden, denn es klingelte regelmäßig am anderen Ende der Leitung. Da Thorsten auf seinem Boot nicht glücklich aussah und den Fängen etwas hinterher hinkte, „spendeten“ wir ihm einen Salmo. Im Wegfahren schallte es dann „DAAAANKE!“ – er hatte sofort einen Hecht erwischt…?

Nach einiger Zeit führte Thorstens Boot 19:18 und so langsam bekamen wir das Gefühl, die Stelle ist abgegrast. Thorsten fuhr eine Stelle weiter, wir folgten ihm 5 Minuten später. „Und? Geht was???“ „Nix!“ kam es enttäuscht von Thorsten zurück. An der ersten Stelle hatten wir extrem gut auf Salmo-Slider gefangen, hier klappte es gar nicht. Auf dem Echolot sah ich, dass es tiefer war und die Kante zum Flachwasser deutlich steiler verlief. „Klarer Fall für Zalt!“ dachte ich, der an der 1. Stelle deutlich zu viel Dreck sammelte. Auf 4 Würfe gab´s 2 Fische und als wir 22 Stück hatten, kam Thorsten zu uns. Es war natürlich ein kleines Wettangeln zwischen den Booten entstanden und während Thorsten uns dümpelnd neben uns noch befragte, erhöhten wir auf 24 Stück. Einige Schmunzelsprüche mit „Köderführung erklären bzw. abgucken“ usw. wurden mit einem grinsenden „A…lo..“ beantwortet. Kurze Zeit später gab Thorsten auf und fuhr zurück. Wir waren jetzt natürlich voll im Fieber und angelten weiter. Diese Stelle hatte Superpotential, denn auf Zalt in den verschiedensten Farben fingen wir einen Esox nach dem anderen. Offensichtlich sind wir auch in eine sehr gute Beißzeit hinein geraten, denn es wurde immer besser! Als ich gerade den 34. Hecht im Dämmerlicht in der Hand hatte, klingelte das Telefon: „Bist Du etwa immer noch auf dem Wasser!“ rief Thorsten ins Telefon, als er offensichtlich beim Abendschmaus in der Kneipe saß. Ich verkündete ihm „34“ und „kann gerade nicht. Wir wissen aber, wo wir morgen hinfahren!“. Es war ein schöner 90+ - Fisch, von denen wir dann doch noch einige fangen konnten. „Thorsten rief noch mal zurück und verkündete: „Morgen Windstärke 8-9 – reichlich nass!“ „Sch….!“ Bei Hecht No. 36 hörten wir dann auch auf. „Das mit der 8-9 kann ich aber nicht glauben!“ Der erhoffte Meter blieb aus – bei Andy hatte es wohl einen an einer Kante zum Flachwasser gegeben!

Beim Essen abends musste dann gelost werden, wer denn am letzten, morgigen Tage mit mir fahren dürfe. Der Münzwurf entschied für Gruppe 1 mit Thomas, Marius und Bernd. Wir wollten es in jedem Fall probieren und morgens um 4.30 Uhr am Steg sah es auch erträglich aus…

An der Fangstelle angekommen, ging es auch gleich los. Nach 5 Minuten lag der erste Hecht im Boot! „Petri Thomas!“ – er hatte sich einen von meinen weißen Spezialzalts montiert und räumte gleich richtig ab. Auch das Wetter legte los! Die Hinfahrt zur Stelle war noch recht OK und wir dachten alle „halb so schlimm“! Aber wir hatten keine 5 Minuten geangelt, da machte wohl jemand die Tür auf und schaltete die Dusche ein. Es pfiff vom allerfeinsten und schüttete ohne Punkt und Komma! Schnell war er wieder mit 5 Fischen vorn. Ich probierte verschiedene Zalts und Führungsstile durch. Als ich den „grünen Hecht“ montierte, rappelte es auch bei mir immer wieder. Laaaangsamste Zupfer brachten hammerharte „Antworten“. „Das macht echt Laune hier!“ Fisch auf Fisch kamen ans Boot und Tropfen für Tropfen wanderte am Bein entlang in meine Stiefel… Ein tolles Gefühl kann ich nur sagen! Als gegen 8 Uhr kein Boot mehr auftauchte wussten wir, dass die anderen es wohl vorgezogen hatten, im Hafen zu bleiben. Wir waren aber froh, es nicht getan zu haben. Nur Bernd war es zu windig und angelte nicht. Er meinte nur: „ist mir zu windig und zu nass! Da guck ich lieber zu…“ Er reichte jedem die Lösezange an und was sonst noch zum schnellen Releasen gebraucht wurde. Es war so gegen 10.30 Uhr, als bei mir so Hecht Nr. 18 einstieg. Anders als sonst, konnte ich ihn nicht auf meine Seite dirigieren und er schwamm quer am Boot vorbei. „Vooorsicht – der will nicht so, wie ich will!“ Die anderen hatten noch gar nicht bemerkt, dass da etwas „Besseres“ gebissen hatte. „Es“ blieb auch längere Zeit unten und ich musste den Druck noch etwas erhöhen. RABOUM! Knallte eine Uroma aus dem Wasser heraus. „DER IST GUT!“ waren wir uns sofort einig. Kurze Zeit später landete Uroma im Boot.

„1,21 Meter ist in diesem Jahr mein bester Hecht!“- freute ich mich trotz nassem A. über ein gelungenes Happy End… Happy End? Wir angelten natürlich noch weiter und von Bernd kamen die ersten Bemerkungen: „Ihr wollt aber doch auch noch gleich nach Hause fahren? Oder?! „JAAAA - natürlich!“ und wir angelten weiter…

Ich versuchte, die winzige Kante mit der Uroma noch einmal anzusteuern. Sie hatte bei einem extremen Weitwurf gebissen und der Spot war schwer auszumachen. Wir befanden uns in der Nähe, als wieder ein toller Fisch einstieg (sorry – ich hatte mich da nicht zurückhalten können). Er kämpfte noch besser und hier war sofort klar, dass das nicht Kleines war…

Nach wieder einem tollen Luftsprung und längerem Drill kam eine weiter ältere Dame ans Boot: Zwar „nur“ 1,04 m lang, aber sehr gut gebaut und sehr sportlich…

Gegen ca. 14 Uhr ging es dann ab in den Hafen – sonst wäre das Ganze wahrscheinlich wirklich noch mit einer Erkältung geendet. Insgesamt hatten wir es in der Kürze der Zeit auch heute auf 35 Hechte gebracht und waren mächtig stolz, bei diesem Wetter ein solches Ergebnis hingelegt zu haben… Eine Frage konnte ich mir natürlich nicht verkneifen: „Hat noch jemand Fragen zum Anglers Edge???“

Mathias und seine Crew klärte ich später noch über die gefundene Stelle mit ihren Besonderheiten auf und später erfuhr ich, dass in den Folgetagen noch weitere schöne Meterfische dort gefangen wurden. Das ist echte Teamarbeit!