Die größten Welsabenteuer am Ebro Drucken
Geschrieben von: Uli Beyer   

Uli Beyer mit 2,33 m WelsAlles begann irgendwann Anfang der 2000-er Jahre. Ausgangspunkt war eine Einladung zum Angeln am Sarulesti-Stausee in Rumänien durch Olivier Portrat. Olivier wusste bereits, dass ich ein großer Bewunderer von Albert Drachkovitch war. Dort konnte ich endlich mein persönliches Anglervorbild Albert kennenlernen. Albert hatte mich in den 80er Jahren in französischen Angelzeitschriften mit seinen damals für mich außerordentlichen Zanderfängen fasziniert und mein Angeln schon damals maßgeblich beeinflusst. Er angelte „völlig anders“ und ich verschlang seine Artikel regelrecht. Er schrieb von fluo-gelber Schnur, knüppelharten Angelruten und irgendwie „gezupften“ Ködern. In Deutschland hingegen wurde damals noch intensiv für absolut unsichtbare Schnüre geworben, die für den Zanderfang sogar extrem weich und dehnbar sein sollten (kein Scherz, für alle Angler heute kaum vorstellbar!). Als Angelruten wurden besonders weiche Wabbelstöcke als „ideal“ für das Angeln mit Twistern empfohlen. Noch immer muss ich schmunzeln, wenn ich diese Werbebotschaften z.B. in alten DAM-Katalogen lese. DAM darf sich aber auf die Fahne schreiben, die ersten Gummiköder hier in Deutschland eingeführt zu haben. Die ersten "Mister Twister" kaufte ich von DAM und erst mit dieser Werbung interessierte ich mich richtig für diese Köder. Nachdem ich diese „französische Art des Angelns“ für mich adaptiert hatte und damit auch besonders erfolgreich war, empfahl ich harte Ruten und gelbe Fluoschnüre der deutschen Angelgeräteindustrie. Damals kannte mich niemand und ich wurde sogar ausgelacht: „Uli, lass mich mit diesem Mist in Ruhe! Ich bin froh, dass ich mein Lager da g´rade runter habe.“ erklärte mir ein damaliger Verkaufschef, den ich besser kannte und dem ich einen "guten Tipp" geben wollte. Ich schrieb erste Artikel für Angelzeitschriften und kaufte Restbestände dieser "Fluo-Schnur" günstigst auf, was mein erster „Coup“ in der Angelgerätebranche war. 2 Jahre später gab es gleich mehrere neue Anbieter für fluo-farbige Schnüre. Das Angeln mit harten Ruten „brauchte“ noch etwas, bis es sich ganz durchsetzte.

 

Albert Drachkovitch und Uli Beyer

Zurück zur Einladung nach Rumänien: Bei dieser Angeltour lernte ich Jürgen Stegherr kennen, der mich damals auch gleich nach Spanien an den Ebro einlud. Schon damals war Spanien bekannt und populär. Viele Angler pilgerten dorthin, vor allem der Welse und Zander wegen. Ich selbst hatte Zweifel, dass „das“ etwas für mich sei, denn ich hatte „in punkto Wels“ das Klischee eines lahmen, trägen Fisches im Kopf, der vor allem abends mit an Bojen präsentierten Köderfischen und vornehmlich von „Typen“ gefangen wird. Mit den Anglern + Welsen und den bekannten Methoden wollte ich ungern ein „Schlammbad“ nehmen. Ich war damals schon sehr leidenschaftlicher Spinnfischer und brachte das Jürgen gegenüber auch zum Ausdruck. Der erwiderte prompt: „Ich auch! Komm´ vorbei und ich verspreche Dir, dass Du überrascht und sehr erfolgreich sein wirst!“.

1. Wie alles begann...

Im September 2003 ging es also erstmals los zu meinen neuen Freunden in Spanien. Ich hatte riesiges Glück, denn wie überall beim Angeln sind die ersten Eindrücke ganz entscheidend. In besagter Woche gab es den ersten Gewitterregen nach der Sommertrockenheit. Wohl alles, was Wels hieß, war wild-raubend unterwegs und ich fand mich am Rio Segre in einem überragenden Moment wieder. Es schmatzte, klatschte und raubte wie bescheuert und jede „Schmatzstelle“, die ich anwarf, brachte einen Wels! Ich musste lernen abzuwarten, denn jeder gezielte Wurf auf einen solchen "Oberflächenschmatzer" brachte einen Wels - vornehmlich kleinere Exemplare! Das war damals ausgesprochen einfach und wurde schnell wieder langweilig. Einen „Großen“ wollte ich gern haben – idealerweise 2m+. Jürgen Stegherr hatte mich an einen ganz besonderen Platz gebracht und freute sich sichtlich über meine fast kindliche Angeleuphorie. Man merkte, dass er das schon kannte und hielt sich als Guide etwas zurück. Er genoß meine "Anfängerfreuden" durch Zusehen.

Ein wildes Treiben war das am Ufer...Der Ebro ist ein perfektes Welsparadies

Einige Fische waren schon gefangen. Ich watete mit (Birkenstock-)Schlappen durch´s Wasser und zog meinen Gummifisch durch das Kehrwasser einer großen Rausche. Die Welse schienen ganz offensichtlich besonders dort auf Jagd zu gehen. Plötzlich entstand ein riesiges „Loch“ im Wasser und mein Gummifisch "fiel" dort hinein. Ein Markerschütterndes „Plüüüümmmmpppp“ ließ meinen 15er Slottershad in der Tiefe verschwinden und die komplette Rausche explodierte 10 Meter vor mir. In gefühlt 5 Sekunden (´war wohl minimal länger…) war meine damals noch eher klein bemessene Angelrolle, gefüllt mit 50 Pfund tragender Leine, leer. Ich „watschelte und stolperte “ durch die starke Strömung und dichtes Kraut im Fluss, einen Schuh verlierend hinterher. Die Leine hielt zum Glück und der Monsterwels machte draußen im Fluss wildeste Turn- und Tobeübungen. Jürgen stand am Ufer und hatte offensichtlich riesigen Spaß beim Zusehen! In mir kochte das Adrenalin. Nach einer Weile wurde der Wels zu meiner großen Erleichterung müde, denn auch ich hatte Schwierigkeiten, mich in der Strömung auf den Beinen zu halten. Nach und nach holte ich mir Meter für Meter meiner Leine zurück. Kraut + Co. machten das besonders schwierig. Letztlich konnte ich meinen ersten 2m+ - Wels gleich während der ersten Spinnfischertour überhaupt stranden. Megageil sage ich da nur! ;-)

Uli Beyers erster 2 Meterwels

Am letzten Tag der Tour war ich nochmals allein am Wasser unterwegs. Ein riesiger Wels lag aufreizend direkt vor mir im Wasser und „schmatzte“ sich genüsslich einen Ukelei nach dem anderen von der Oberfläche weg. Ein gezielter Wurf auf die Schmatzstelle und es knallte! Habt Ihr mal einen Wels im absoluten Flachwasser beißen sehen? Unbeschreiblich, zumal das Biest beim Biss gleich mal wie ein „Berg“ aus dem Wasser kam. Etwas erschrocken war ich von der Urkraft und sowohl mein Material, als auch ich selbst waren definitiv überfordert. Nach einigen eher langsamen Fluchten „hin und her“ merkte der Wels, dass er so nicht weiter kommt. Während ich mir schon (viel zu früh!) Gedanken zur Landung machte, wechselte der Wels einfach mal seine Zugrichtung und zog quer in die Strömung hinein. Ich hielt dagegen, was das Zeug hielt: Hand auf die Rolle, Rute geneigt und alles war wohl bis an die Bruchgrenze belastet … und noch etwas stärker. Jedenfalls gab es einen lauten Knall und ich saß im Schlamm… 50 Pfund Bruchlast bei der Angelschnur sind definitiv zu schwach, um einen kapitalen Ebro-Wels zu halten. Das hatte ich gelernt! Schweren Herzens galt es, den Heimflug anzutreten. Mit meinem Freund Horst Hansen ging es zurück zum Flughafen. Die Dame am Counter guckte mich erstaunt an und erklärte mir, dass ich einen Tag zu früh dort sei. Wie bescheuert war das denn? Ich hatte mich/uns um den vielleicht genialsten Wels-Angelmoment überhaupt gebracht!


 

2.: Die Frau will mit…

Angela mit Wels

Wieder zu Hause erzählte ich euphorisch meiner Frau Angela, was ich erlebt hatte. Ich schwärmte von der Wärme und den wilden Fischen vor. Angelas Reaktion überraschte mich sehr, denn spontan sagte sie: „Wir fahren immer in den Regen und die Kälte und die schönsten Touren machst Du allein…“ . Ihr Geburtstag stand bevor und so eine „Einladung“ nimmt man als Angler doch sehr gerne an. Kurzerhand Jürgen angerufen und 2 Wochen später war der nächste Trip klar gemacht! Die Fische hatten sich zwischenzeitlich wohl satt gefressen, waren jedenfalls deutlich weniger wild unterwegs. Dennoch gab´s viele, zum Teil auch sehr schöne Welse, aber der letzte Tag war gleichzeitig Angelas Geburtstag und sollte sich zum denkwürdigsten Tag der Tour entwickeln. Wieder hatten wir nur einen halben Tag, der Flieger ging am frühen Abend, das war diesmal ganz sicher. Wir hatten noch eine „kurze Tour“ geplant und meine Frau war etwas frustriert, denn bisher war ihr in der ganzen Woche lediglich der Fang eines mittelgroßen Welses gelungen. Früh morgens am 1. Platz angekommen spähten wir über die Uferböschung. Am geplanten Startplatz gab es eine kleine Rausche mit dickem Stein dahinter. Dort lauerten gleich 2 Welse auf Futter. Ein echter „Elfmeter“, denn solche Fische sind perfekt für die Spinnrute. „Komm Angela, den holste Dir!“ Angela wollte aber nicht, das Anwerfen war wegen hoher Büsche usw. etwas schwierig und man musste genau auf "die 12", nämlich den Kopf des Fisches werfen. Das erzeugt beim Wels stets einen Bissreflex und man kann ihn fangen. „Mach Du, sonst haben wir gar nichts!“ sagte Angela. Ein Wurf und es knallte, leider nur der kleinere Fisch, der unerwartet schneller als der Großwels war. Sei´s drum, wir angelten weiter und Angela jammerte plötzlich: „Ich hab´ schon wieder´n Hänger!“ Als ich mich umdrehte, sah ich die Schnur langsam zur Seite ziehen. „AAAACHTUNG, das ist kein Hänger!“ schrie ich sie an und der Tanz ging los. Angela drillte auf Biegen und Brechen, hatte zum Glück starkes Gerät und nicht die Probleme wie ich auf der ersten Tour. Nach einem Drill, der Angela blaue Schenkel + Bauch bescherte, landete ein für uns damals mordsmäßiges Monster am Ufer. Ein Wels mit 2,28 Metern stellte 2003 wohl den größten Spinnfischerwels in der gesamten Kundschaft dar und wurde von Jürgens Mannschaft entsprechend honoriert. Angela war stolz wie Hulle und noch entscheidender war die Tatsache, dass sie mir eine schwer zu knackende Marke vorgelegt hatte! 5 Jahre klang es in meinen Ohren: „Hast Du auch schon mal ´nen 2,28er Wels mit der Spinnrute gefangen?“

Angela mit 2,28 m Wels Angela mit 2,28 m Wels

3. Ein ganz besonderes Highligt und neuer PB!

Inzwischen waren die Spanientörns fester Bestandteil unserer Urlaubsplanungen. Eine Woche spanischer Wärme war „gesetzt“ für Angela und mich und stets sollte das über ihren Geburtstag stattfinden (September…). Wir drifteten mit dem Aluboot regelmäßig die Flüsse Segre und Cinca herunter. Ein magischer Spot ließ täglich riesige Fische nach dem Einwurf des Gummifisches aufsteigen, aber sie bissen nicht. Offensichtlich machte sich der inzwischen gestiegene Angeldruck bemerkbar(diese spannende Angelei hatte sich weit herumgesprochen, ich war öfter mit Freunden und Kunden dort und alles hatte sich zu einem neuen Trend für spanische Welsangler entwickelt).

Eine erneute Drift am 3. Tage wollte ich ganz anders angehen. Nicht der sonst übliche, 15er Slottershad kam dran, sondern ein ganz normaler Spinner, dessen Komponenten ich allerdings vorher auf „Welstauglichkeit“ getrimmt habe.

Monster am Haken...

Angela und ich bewegten uns auf die Großfischstelle zu und mein Spinner flog an den ersten Spot, der an den Vortagen stets eine Scheinattacke brachte. Was dann passierte, habe ich vorher und nachher noch nie erlebt. Anders als sonst explodierte nicht das Wasser direkt an der Einwurfstelle, sondern es hob sich wieder ein „riesiger Berg“ 15 Meter von der Einwurfstelle entfernt aus dem Wasser und schob sich beschleunigend in Richtung meines Spinners. Das Adrenalin schoss mir schon wieder in die Adern und der Berg und die Bugwelle wurden zwar schneller, aber kleiner und verschwanden kurz vor meinem Köder! (Das „Bild“ war wie eine Bugwelle im „Weißen Hai“-Film, die kleiner wurde und im Nichts verschwand.) Für einen minimalen Moment war Ruhe und es machte sich Enttäuschung in mir breit. Der erwartete Biss blieb im entscheidenden Moment aus. Krimi pur, denn 1 Sekunde später hatte das Monster den Köder dann doch gepackt und die eigentlich sofort erwartete Explosion passierte umso heftiger. Unbeschreiblich, hammerhart und megageil – mehr kann ich dazu einfach nicht sagen. In der Endphase des Drills kam dieser „Gegner“ dann endlich auch mal an die Oberfläche. MEGAFETT und RIESIG erschien der uns und Angela meinte gleich: „Jetzt haste mich ja endlich geschafft…“. Der Wels war ganz offensichtlich anders gebaut als damals Angelas Wels und erschien uns riesig. Ich war doch schon etwas erleichtert, als wir das Maßband anhielten. Ich zog am Maßband und Angela durfte ablesen...

PB mit Spinner!Uli mit 2,24er Wels

Ihr Gesicht hellte sich breit-grinsend auf: „2,24 Meter! 4 Zentimeter sind 4 Zentimeter und manchmal eine andere Welt…“. Ich konnte es kaum glauben, musste es letztlich aber akzeptieren. Irgendwie fand ich´s ja auch gut und lustig, schließlich war´s dennoch mein PB und wir machten tolle Fotos. Ich sah aus wie eine fröhliches Ferkel, eingeschleimt und schlammig von oben bis unten und wollte wegen des noch bevorstehenden Angeltages erst mal wieder nach Hause – duschen und umziehen. Die spanischen Fliegen lieben trocknenden Wallerschleim und können dann megalästig sein. Hin zum Umziehen und "frisch geschniegelt" zurück zum Angelplatz. Keine Ahnung, ob es 3, 4 oder ein paar mehr Würfe waren, jedenfalls nach extrem wenigen Casts hing zunächst völlig unspektakulär wieder ein Fisch an der Leine. Ruhig und behutsam schwamm der los und in der Anfangsphase hat man häufig, auch bei kleineren Exemplaren eher wenig Einfluss auf den Zug des Fisches. Der Drill wurde aber lang, länger und irgendwann schwante mir etwas. Ich habe mich nicht getraut, „positiv zu denken“, nachdem ich kurz zuvor mit 2,24 m eine „4 Zentimeter-Pleite“ erlebt hatte. Als der Fisch dann endlich gelandet war, haben wir uns aber doch beide erschrocken: „Jetzt aber…“ Das Maßband wurde nochmals angelegt und landete bei 2,36 Metern. Grins, grins, grins… ENDLICH!

Hilfe, der Wels frisst mich! Zu schwer... 2,36 m - ein echtes Biest!

4. Teil: Das „Borussenkarma“

BVB-LogoSpätestens hier werden wahrscheinlich viele von Euch glauben, jetzt spinnt er total, das kann nicht sein! Ich schwöre bei allem, was mir heilig ist und vor allem bei allen noch ungefangenen Monsterfischen, die das Schicksal (vielleicht!) noch für mich bereit hält, diese Geschichte stimmt zu 100 %!

Ihr wisst alle, dass ich mit Fußball eigentlich eher wenig am Hut habe. Noch nie im Stadion gewesen und Angeln ist immer wichtiger als irgendein Fußballspiel oder Ergebnis (ich war übrigens bei einigen WM-Endspielen mit deutscher Beteiligung am Angelteich und nicht vor der Glotze! ´Kann ich nur mal empfehlen, das auszuprobieren…). Dennoch „sympathisiere“ ich als gebürtiger Dortmunder etwas mit den Schwarz-Gelben und fand es immer schön, wenn diese als Außenseiter doch einen dicken Coup gelandet hatten. So war das auch im Jahr 2011. Ich war natürlich wieder nicht zur „großen Sause“ am Dortmunder Borsigplatz, sondern in Spanien der Welse wegen. Internet + Co. waren aber voll mit schwarz-gelb und alle Angler und Kollegen um mich herum (nicht alle, aber viele… ;-) ) jubelten, feierten und freuten sich. Es war das Wochenende der großen Meisterfeier und dem Anlass angemessen montierte ich einen schwarz-gelben Slottershad. Es war der erste Angeltag und der erste Biss in Mequinenza am Ebro und es war das Kurioseste, was mir da passiert ist. Meisterfeier + schwarz-gelber Gummifisch + ???? – was meint Ihr??? Was passt dazu??? Ich habe vorher und nachher NIE einen schwarz-gelben (so genannten "Albino"-)Wels gefangen, aber an diesem Tag passierte das! Solche Geschichten kann man nicht schöner schreiben und ich freue mich auch als eigentlicher „nicht so richtig-Fan“ doch riesig über erneutes, mich tief beeindruckendes Karma in diesem Moment. Es ist nicht das beste Video, aber ich hab´s Euch einfach mal auf Youtube hochgeladen.  Wer Lust auf das gefilmte "Live-Erlebnis" hat, seht es euch an... ;-)

Diese Tour war ebenfalls sehr ereignisreich und findet Ihr hier nur in zusammengefaßter Form. Mehr zu diesem Trip als Extra-Beitrag auch hier.

BVB-Wels

Da hatte sich offensichtlich das schwarz-gelbe BVB-Karma bis nach Spanien ausgebreitet und noch immer bereitet mir diese Erfahrung ungläubiges Kopfschütteln. Wo sitzt nur das Wesen, das solche Erlebnisse "steuert"... Lachend